Wein Lese Land marbach + bottwartal 3/2017
Anneliese Schütz in der Vinothek, der „Basis“ des kleinen Familienbetriebs in Höpfigheim.
Wie können die heimischen Weine in der Heimat am besten an die Frau und an den Mann gebracht werden?
Die Konkurrenz auf dem Weinmarkt ist groß. Der Preisdruck auf die Wengerter wächst. Auch das Konsumverhalten hat sich verändert. „Früher hatte man unter den Kunden Weinzähne, die kistenweise den Wein gekauft haben, das gibt es heute so nicht mehr“, erzählt Benjamin Schütz vom gleichnamigen Höpfigheimer Weingut. Um dem Druck von allen Seiten standzuhalten, ist der Absatz der Produkte vor der eigenen Haustüre wichtig. „Wir verkaufen den größten Teil unserer Weine im Großraum Stuttgart – Höpfigheim allein genügt uns nicht“, sagt der 29-Jährige. „Insgesamt ist der Verkauf in der Heimat aber schwieriger geworden, denn zum einen sind die Schwaben Preiskäufer und zum anderen leben wir in einer Region, die durch Genossenschaften geprägt ist. Das heißt, viele Menschen haben selbst einen kleinen Weinberg, oder zumindest eine Verbindung zu einem Weingut oder einer Winzer-Genossenschaft.“
Darüber hinaus haben die Kunden immer weniger Zeit und Muße ein Weingut anzufahren, so seine Erfahrung. „Wir müssen die Kunden über Weinmessen und Veranstaltungen erreichen – auswärts aber auch in unserer Vinothek.“ Diese ist für den Jungwinzer die „Basis“ des kleinen Familienbetriebs im Steinheimer Stadtteil. Der vor sechs Jahren entstandene moderne Verkaufsraum ist eine gute Plattform, um Produkt und Kunde zusammenzubringen. „Der Markt vor der Haustüre ist wichtig, aber man muss ihn ständig bearbeiten und auf sich aufmerksam machen.“
Präsent sein auf Weinfesten, Messen und Veranstaltungen, das will auch Thorsten Klimek. Und darüber hinaus die Gastronomie als Multiplikatoren nutzen. 2012 wurde der gebürtige Niedersachse stellvertretender Kellermeister der Cannstatter Genossenschaft. Seit Mitte Juni, als Kellermeister Thomas Zerweck Weinfactum Bad Cannstatt verlassen hat, ist Klimek erster Kellermeister. Seit Mitte September, nach dem Weggang von Marc Nagel, auch noch Geschäftsführer. Etwa 40 Prozent des Sortiments setzt die Genossenschaft, bei der auch Rielingshäuser Wengerter abliefern, im Sitz in Bad Cannstatt ab. Der Verkaufsraum bekommt dieser Tage ein Lifting. Moderner präsentiert er sich als bisher. „Wir wollen weg vom SB-Konzept“, erklärt Thorsten Klimek. „Die Kunden wollen eine gute Beratung und einen guten Service und sich nicht selbst an Regalen bedienen.“ Auch das Erscheinungsbild der Produktlinien ändert sich mit dem neuen Jahrgang. Neue Etiketten und neue Schlegel- und Burgunderflaschen kommen auf den Markt. Die Sterne, die auf dem Vorderetikett bisher die Qualitätsstufe der Weine veranschaulicht haben, wandern auf die Rückseite des Etiketts.
Thorsten Klimek im neu gestalteten Verkaufsraum der Cannstatter Genossenschaft
Mit dem neuen Auftritt soll die Kundschaft aus der Region, aber natürlich auch darüber hinaus überzeugt werden. „Der Verkauf vor Ort wird immer mehr abnehmen, wir müssen raus in die Welt, aber Württemberg hat es etwas verpasst genau dies zu tun“, betont der 54-Jährige. Skandinavien etwa ist für Klimek ein neuer, extrem wichtiger und interessanter Markt. Punkten will er mit einer klaren Sortimentslinie. Der Trollinger spielt für den neuen Geschäftsführer darin nur eine kleine, wenn nicht sogar gar keine Rolle. „Die Trollingertrinker sterben aus. Wir haben viel zu lange am Trollinger festgehalten. Der Trollinger ist für mich ein roter Wein, aber kein Rotwein“, nimmt der Neue kein Blatt vor den Mund. (kaz)