Wein-Lese-Land 02/2019

Joscha Dippon ist experimentierfreudig und neugierig. Jeden Herbst wagt er sich an ein neues Projekt.

Amphorenweine aus Georgien sind weltberühmt. Der georgische traditionelle Weinausbau in den Quevri, also in den meterhohen Tongefäßen, wurde 2013 sogar in die repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen. Das ist eine von drei internationalen Listen, die die UNESCO seit 2008 erstellt. Die Quevris werden in Georgien seit Generationen im Boden verbuddelt. Dadurch bleibt die Temperatur konstant und durch den Ton kann nur wenig Sauerstoff eindringen. In Westeuropa startete Josko Gravner 2001 im Friaul mit der Herstellung von Amphorenwein. Peter Jakob Kühn stieg vier Jahre später in die besondere Weinerzeugung ein – mit gebrauchten spanischen Tonamphoren, die nicht in den Boden eingegraben werden müssen. Der Beilsteiner Ökowinzer Joscha Dippon setzt auf eine französische Steingut-Amphore. 500 Liter fasst sie. Kurz vor Lesebeginn wurde sie angeliefert. Riesling vom Hohenbeilsteiner Schlosswengert soll darin reifen. Nach der Maischestandzeit werden die Trauben abgepresst, der Saft kommt dann in die Amphore, die etwa halb voll mit ganzen Trauben gefüllt ist. „Ich möchte damit die Mineralität und Stilistik unterstreichen, die ich bei hochkarätigeren Weißweinen erhalten will. Es soll ein anderer Weintyp entstehen – nicht so fruchtig, dafür mineralischer und geradliniger“, erklärt Dippon. „Diese Methode hat den Vorteil, dass kein Schwefeldioxid benötigt wird, da der Wein Reduktone und Gerbstoffe enthält. Ich bin sehr gespannt, wie sich der Wein entwickelt. Das Ganze geht in die Richtung von Naturweinaus-bau und passt meiner Meinung nach deshalb wunderbar zu einem Öko-Weingut, wie wir es sind.“

Und zu einem Nachwuchswinzer, der weit davon entfernt ist, es beim Standardprogramm zu belassen. „Ich habe mir vorgenommen, jedes Jahr ein Projekt zu machen“, erzählt der neugierige und experimentierfreudige Winzer, der schon seit ein paar Jahren im Familienweingut mitarbeitet und in diesem Frühjahr den Betrieb vom Vater übernommen hat. Im Jahr 2017 hat Joscha Dippon zum ersten Mal einen Pet Nat kreiert. Pet Nat ist eine Schaumwein-Art und steht für Pétillant Naturel, was übersetzt natürlich prickelnd bedeutet. Ein Pet Nat stammt immer aus Flaschengärung. Ein bereits gärender Most wird in die Flasche umgefüllt, mit einem Kronkorken verschlossen und gärt dann unter hermetischen Bedingungen zu Ende, was zur Kohlensäurebildung führt. Bei der Premiere verwendete der Beilsteiner Weinmacher Cabernet blanc, im Folgejahr Riesling. „Der hat eine knackigere Säure“, begründet der Jungwinzer den Sortenwechsel. Im Jahr 2018 versuchte sich Joscha Dippon an einem Rotwein im Amarone Stil und brachte den Muskat Spritzer auf den Markt. Einen mit Kohlensäure versetzten Saft aus Muskattrollinger- Trauben, der so gut ankommt, dass er im Moment ausverkauft ist. Im selben Jahr hat Dippon auch seinen ersten Muscaris ausgebaut. „Der ist aber auch schon bald wieder ausverkauft“, erzählt der 27-Jährige und lacht. Die Piwi-Sorte hat im Dippon’schen Sortiment die weiße, eher liebliche Cuvée mit dem Fantasienamen Mikado ersetzt. Der 2017er wird noch abverkauft, dann ist Schluss. „Muscaris lässt sich sehr gut vermarkten und ist eine eigenständige Rebsorte“, begründet Dippon den Schritt. Für seine vinologischen Projekte sammelt der Weinbauer das Jahr über Ideen. In Fachzeitschriften aber auch auf Reisen in andere Weingegenden. „Und irgendwann ist man dann heiß drauf, das selbst auszuprobieren.“(kaz)