Das Beilsteiner Weingut Gemmrich hat in Zeiten von Corona viele Herausforderungen angenommen – und für die Zukunft dazugelernt.

Spannend ist das Adjektiv, das Anja Gemmrich zum Jahr 2020 einfällt. Keine Messen, so gut wie keine Veranstaltungen, stark eingeschränkter Kundenkontakt. „Dabei ist es gerade der persönliche Kontakt zu unseren Kunden im Weinverkauf und in der Besenwirtschaft, der für uns sehr wichtig ist“, sagt die Juniorchefin des Beilsteiner Weingutes. Als im Frühjahr die Zeichen auf Lockdown standen, war der Weinmacherfamilie schnell klar, dass es ein reines Weiterso nicht geben kann. Alternativen waren gefragt und wurden gefunden.

Vater und Tochter Gemmrich

Anja Gemmrich tat sich mit den Württemberger Jungwinzern Stephanie Schwarz, Christian Seybold, Daniel Bauer, Lucas Schwab und Philipp Weinreuter zusammen und schnürte unter dem Motto „6 Jungwinzer, 6 Weine und 1 Ziel“ ein Frühlingswein-Paket, von dessen Erlös zehn Prozent an die Stuttgarter Beratungsplattform „Nethelp4u“, ein Angebot des evangelischen Jugendpfarramts Stuttgart und der evangelischen Jugend Stuttgart, ging. „Wir wollten etwas Gutes tun. Die hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitarbeiter leisten einen grandiosen Job. Sie haben immer ein offenes Ohr für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die Probleme haben. Und das ist in diesem Jahr besonders wichtig.“

Anja Gemmrich

Das Weinpaket konnte nicht nur im Online-Shop bestellt werden, die Weine der Jungwinzer wurden zudem im Rahmen von zwei Online-Verkostungen gemeinsam mit den Machern probiert. Ein Tool, das die Beilsteiner Weinfamilie in den vergangenen Monaten für sich entdeckt hat. Am Pfingstwochenende realisierten Anja und Simon Gemmrich ein weiteres Herzensprojekt. Schon lange hegen die Geschwister den Traum, nicht nur Weinproben anzubieten, sondern auch kleine, lockere Seminare darin zu verpacken. Mit einem Online-Blind-Tasting ging das Projekt in die erste Runde. Vorkenntnisse, betont Anja Gemmrich, sind nicht nötig. „Einzig Wein sollte man gerne trinken.“

Das Angebot wurde und wird gut angenommen. Von Stammkunden, von Freundescliquen, von Unternehmen. „Es ist eine Chance, in diesen besonderen Zeiten, Kontakt zum Kunden zu halten und sogar neue Kunden zu generieren“, sagt Anja Gemmrich. Bei den bislang angebotenen digitalen Tastings hatten die Gemmrichs Teilnehmer aus ganz Deutschland. „Einmal habe ich eine Online-Verkostung mit einer Landjugendgruppe über Zoom gemacht mit 100 Teilnehmern. Das war ganz schön herausfordernd, denn es bleibt ja immer eine Ungewissheit, ob technisch alles klappt“, erzählt die 29-Jährige und lacht.

Brände vom Weingut Gemmrich

Das Thema Genuss, so die Erfahrung der Gemmrichs, hat in Zeiten von Corona an Bedeutung gewonnen. „Die Leute können nicht so unterwegs sein wie sonst, aber sie wollen sich dennoch etwas Gutes tun und gönnen sich dann eben daheim einen Wein“, hat Petra Gemmrich beobachtet. Und wenn dann doch ein kleineres Event wie beispielsweise ein Glühweinausschank im Wengert oder im Hof stattfinden kann, dann ist die Freude umso größer. Bei allen.

Alles in allem sind die Gemmrichs also zufrieden mit 2020. Trotz aller Herausforderungen. „Wir hatten eine Spielwiese, etwas Neues auszuprobieren, und werden einiges davon auch beibehalten“, sagt Anja Gemmrich. Auch Vater Bernd hat keinen Grund zur Klage. Wenn man einmal vom recht kleinen Jahrgang absieht. „Die Qualität der Trauben war gut, aber es ist viel erfroren. Die Menge war bescheiden. Es war der kleinste Jahrgang, den wir jemals gehabt haben.“ Doch auch er kann dem zu Ende gehenden Jahr 2020 etwas abgewinnen. Was den Verkauf angeht, könne man nicht jammern, sagt der Beilsteiner. „Wir verschicken immer mehr und auch im Handel ist der Absatz gestiegen. Wir haben dieses Jahr Leute erreicht, die wir sonst vermutlich nicht erreicht hätten.“ (kaz)

Bernd Gemmrich beim Schnapsbrennen

Neben den Rebflächen gehören rund 2,5 ha biozertifizierte Streuobstwiesen zum Familienbetrieb. Die alten Apfelsorten, Birnen, Quitten, Zwetschgen und Kirschen werden wie auch Wildobstsorten aus den umliegenden Wäldern und Wiesen zu hochwertigen Edelbränden destilliert. Chef beim Brennen ist Bernd Gemmrich, der viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl dafür mitbringt.

Bernd Gemmrich beim Abfüllen

Gemmrich
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